Stehenbleiben ist Schwimmen gegen den Strom | Verlag Edition Doppelpunkt, Wien |
Alles fließt - und trotzdem
kurz stehengeblieben und aufgeschrieben - und wieder mitgerissen werden vom
Strom -
Über den
transzendentalen, idealistischen Ursprung, der dem Begriff Ethik seinen Inhalt
gibt - über die Sprache, die in uns allen lebt.
ein
Theaterstück
Auszüge:
STIMMEN:
Der fünfte Akt ist das Schwierigste -
der fünfte Akt ist:
- zu beschreiben was ist - und zu verbergen was ist
-
Worte verbergen nichts, da sie Alles vereinnahmt
haben -
Nur die Idee verbirgt und sagt wie es ist
-
Der fünfte Akt ist das Einfachste -
der fünfte Akt ist:
- zu beschreiben was ist - und zu verbergen was ist
-
Worte verbergen alles, da sie Nichts vereinnahmt
haben -
Nur die Idee verbirgt und sagt wie es ist
-
Der fünfte Akt ist - die Unverborgenheit -
der fünfte Akt ist:
- zu schreiben was ist - und zu bergen was ist -
Worte verbergen Alles, da sie Alles vereinnahmt
haben -
Worte verbergen Nichts, da sie Nichts vereinnahmt
haben -
Und die Idee birgt und sagt wie es ist
VERNUNFT - DER DICHTER:
Physis als Wort in Zeit und Raum
- und das Wort ist Begriff geworden - und der
Begriff ist Zeit geworden
- und der Inhalt ist Raum geworden:
Als das Wort auf die Welt kam, war es ganz klein -
es wurde geboren, um der Bewegung, die allumfassend
war, - da die Zeit den Raum überall umfaßte, - Ruhe zu gönnen.
So wuchs das Wort heran, in den Pausen, die sich die
Bewegung gönnte, und nahm auf, was sich ihm darbot.
Zuerst nahm es die Gegenstände auf, die es in seiner
Nähe erblicken konnte, und es wurde größer und größer - und im Größerwerden
erblickte es immer mehr, und wurde so groß, daß es den gesamten Raum einnahm,
und alle Gegenstände, die es gesehen hatte, benannt hatte. -
Aber das war nicht das Ende des Wortes, denn es
versuchte weiterzuwachsen und auch die Zeit in sich aufzunehmen, und begann nun
auch damit, daß es aufnahm, was es fühlen konnte und was es hören konnte, was
es riechen konnte und was es schmecken konnte - und es begann sich zu bewegen -
sich zu spüren -
Aber da die Zeit merkte, daß das Wort sie
aufzunehmen begann, wurde die Zeit böse, denn sie hatte Angst, daß das Wort sie
zur Gänze vereinnahmen würde und sie somit „nur“ noch als Wort - im Wort sein
würde.
- So begann die Zeit mit dem Wort zu spielen, um dem
Wort Freund zu sein, da ein Freund stets ein Freund bleibt, - der Freund den
Anderen, um Freund zu sein und zu bleiben, braucht.
Und die Zeit, die zuerst böse auf das Wort war,
verstand sich immer besser darauf, mit dem Wort zu spielen, so daß sie anfing
sich über das Wort zu freuen - so wie sich auch das Wort über diese
Freundschaft zu freuen begann -
Und so waren die Zeit und das Wort Freunde -
Und das Wort, das einmal Haus und einmal Garten war,
einmal Baum und einmal Kind war, das einmal freuen und einmal weinen war, das
einmal duftete und einmal Rose war, einmal Zahl und einmal Computer war, -
Dieses Wort erkannte nun, je mehr und je öfter es
mit der Zeit spielte, sich selbst -
die Zeit aber vergaß sich selbst immer mehr - und
dieses Wort und diese Zeit begannen einander zu lieben.
Das Wort versuchte nun der Zeit Geschenke zu machen
- so bildete das Wort einmal Epen und Geschichten, in der die Zeit eine Rolle
spielte, dann waren es Gedichte, Musik
und Bilder, die das Wort in wunderschönen Farben und Tönen, die es beim Sehen
und beim Hören, beim Riechen und beim Schmecken, beim Fühlen und beim Spüren
vereinnahmt hatte, wiedergab -
und mit diesen Werken vereinnahmte sie die Zeit
derart, daß sie nicht mehr da war -
Das Wort dichtete nun und sang aus voller Kehle,
malte und spürte sich selbst,
- die Zeit aber war in all diesem tun
„verschwunden“.
VERNUNFT - der ANDERE:
Kameraaugen in jedem Raum -
Fotoblitze leuchtend -
Lautsprechermusik im Gemurmel -
Elektrizität das Licht -
Computerausdrucke das Gedachte -
das Gedachte, Gesehenes im Film -
die Verantwortung trägt keine Grenzen -
das Gesprochene Wort stirbt noch bevor es begann -
das Sehen schwindet in dem Gesagten -
das Offene findet den Schlüssel nicht mehr -
der Erfinder findet den Ort des Vergessens -
die Zeit erscheint und verscheint sich sehr -
Orte der Zeit sind Begriffe des Guten -
Orte der Zeit finden die Zeiten nicht mehr -
kaum gesagt schon vergessen
so war es und ist -
Doch vielleicht hört doch jemand zu bis zum Ende
- so fliegt das Gedachte davon
STIMMEN:
Über den transzendentalen idealistischen Ursprung
der dem Begriff Ethik seinen Inhalt gibt - über den Menschen, der in uns allen
lebt -
VERNUNFT - DER DICHTER:
Mein Kopf wächst, - stellte Frau A eines Abends fest
-
Sie betrachtete sich im Spiegel, und wurde sich der
Tatsache vollkommen bewußt, denn sie mußte bereits aus einiger Entfernung ihr
Spiegelbild betrachten, um ihr gesamtes Gesicht in diesem wiederzuerkennen. -
„Er wird größer und größer“, - dachte sie, und
freute sich über das Wachsen; - doch einige Zeit später kamen Bedenken in ihren
Kopf, und sie versuchte sich gegen diese Bedenken zu wehren - diese ließen sich
jedoch nicht abwehren, sondern breiteten sich in ihrem Kopf aus, dehnten ihn
und wuchsen in ihm und mit ihm.
Sie dachten daran, daß Frau A mit einem so großen
Kopf nicht mehr unter anderen Menschen sein könnte, - unter den kleinköpfigen
Menschen, da diese über ihren großen Kopf lachen würden - sie ver-lachen würden
und sie gezwungen wäre, ihren Kopf verkleinern zu lassen, um ungestört ihres
Weges gehen zu können -
Und diese Bedenken wuchsen und wuchsen - und Frau A
versuchte mit aller Kraft ihre Hände gegen ihren Kopf zu pressen, damit der
Kopf das Spüren der Hände gegen die Bedenken vertauschen würde und somit auch
seine Größe spürte, und sich mit Freude darüber füllen könnte, und so, die
Bedenken wieder verkleinern würde.
Der Kopf aber hatte seinen eigenen Willen, und ließ
sich nicht zwingen - er vertauschte zwar die Bedenken, aber nicht gegen Freude,
sondern gegen Arbeit -
Frau A hatte plötzlich Arbeit im Kopf und wurde von
ihm zum „tun“ gezwungen - er schrieb ihr vor, was sie schreiben mußte, und
schrieb ihr vor, was sie lesen mußte, - er schrieb ihr vor, wohin sie gehen
mußte und schrieb ihr vor, wohin sie nicht gehen durfte -
Frau A arbeitete und arbeitete nun - und ihr Kopf
wuchs und wuchs - und als ihr Kopf bereits so groß war, daß sie ihn kaum noch
tragen konnte, begann sie mit ihm zu hadern, denn ihr Körper begann zu zittern
und ihr Herz pochte schwer, - und sie bat ihn, er möge sie in Ruhe lassen, denn
sie spürte, daß ihr Kopf, da er sie doch brauchte, und dies auch wußte, nicht
wollen konnte, daß es ihr nicht gut ginge - und so war es auch -
Der Kopf gönnte Frau A eine Ruhepause - er ließ
keine Bedenken und keine Arbeit mehr in ihm sein, und Frau A legte sich zur
Ruhe.
Am nächsten Tag war Frau A’s Kopf wieder zur
gewohnten Größe geschrumpft und sie versuchte sich an seine vergangene Größe zu
erinnern -
Sie versuchte über die Arbeit, die ihn ausgefüllt
hatte, nachzudenken, doch sie erinnerte sich nicht mehr daran; - und sie wurde
traurig und ihr Kopf leerte sich immer mehr - sie hatte nur noch eine Ahnung
von seiner einstigen Größe, und auch diese schwand immer mehr - und ihr Kopf wurde
von der Leere ausgefüllt, die aber, da sie keinen Raum beansprucht, ihren Kopf
immer mehr verkleinerte, doch auch dies nahm Frau A nicht mehr wahr, da auch
die Wahrnehmung der Leere bereits zum Opfer gefallen war -
Ihr Kopf war nun nur noch ein Sandkorn, doch in
demselben Maße wie der Kopf kleiner geworden war, war ihr Herz gewachsen und
als das Herz in ihrer Brust keinen Platz mehr hatte, wuchs es in ihren Kopf
hinein, und dehnte diesen wieder aus.
Doch da vom Kopf beinahe nichts mehr übrig war,
fühlte der Kopf nun wie das Herz, denn er war ja fast vollständig Herz, und er
pulsierte und bestimmte den Lauf der Zeit, die Frau A in ihrem Kopf fühlte -
und als Frau A den Puls der Zeit spürte, begann sie auch mit dem Herzen zu
sehen und zu erkennen und wurde glückselig.
VERNUNFT - DER FREUND:
Das Ende ist schon im Anfang das Licht -
Das Ende ist Anfang und Ende in sich -
VERNUNFT - DER DICHTER:
UNENDLICH GROSS
UNENDLICH KLEIN
ES GIBT NICHT
NICHTS
Stell Dir vor die Zeit
spielt keine Rolle -
das heißt sie spielt eine
Rolle -
doch sie ist einfach da -
unbeschränkt -
und da sie unbeschränkt da
ist -
spürt man sie nicht -
die Zeit spielt keine Rolle
-
es ist genug Zeit da -
Milliarden von Jahren
spielen keine Rolle -
sie sind da und vergehen -
und sind wieder neue da.
Die Zeit ist da und spielt
keine Rolle.
Und stell Dir nun vor, daß
die Menschheit
- daß die Durchschnittsgröße
der Menschheit
sinkt.
Sie sinkt unmerkbar -
von Generationen zu
Generationen - zu Generationen -
von 1m 80cm
auf 1m - 1cm - 1mm - 1nm -
picometer - femtometer -
attameter - immer weiter
immer weiter -
und andererseits steigt die
Durchschnittsgröße -
von 1m 80cm
auf 10m - 100m - 1km - 100km
- 1'e Million km -
immer weiter immer weiter -
Diese riesengroßen Menschen
und diese winzigkleinen Menschen
existieren natürlich alle
gleichzeitig -
zuerst waren für die
'großen' Menschen
die 'kleinen' Menschen
Zwerge -
- doch als die großen
Menschen immer größer geworden sind,
und die kleinen Menschen
immer kleiner,
verloren
die großen Menschen die
kleinen Menschen bald aus den Augen -
und umgekehrt -
doch sie existierten
nebeneinander -
So, daß in einem Sandkorn
des großen Menschen ein Weltall
des kleinen Menschen
beherbergt war und in diesem kleinen
Menschen unendlich viele
'Sandkörner' existierten.
Unendlich groß
unendlich klein
Es gibt nicht
Nichts
Und diese großen Menschen -
die größten Menschen -
die, welche die Größten
aller sind - sind zwei
zwei Gegner - zwei gleiche
Wesen - zwei -
jedes für sich
und jedes für sich ein
Ganzes
und jedes unendlich groß
und jedes lebt und stirbt -
und sie leben und sterben
gegeneinander -
miteinander -
Die zwei riesengroßen
Menschen spielen miteinander Schach -
ein Spiel der 'Könige' - ein
Spiel gegeneinander - miteinander
und jedesmal - wenn ein Spieler,
eine Figur - aus unzähligen Welten
geschlagen hat - ärgert sich
dieser andere Mensch - aus diesen anderen
unendlichen Welten- und
jedesmal wenn er sich ärgert - gibt es irgendwo -
auf irgendeiner Welt Krieg -
kein 'gewöhnlicher' Krieg -
es ist 'nur' Ärger - und es
ist Angst - Angst zu verlieren -
doch diese Angst - ist böse
- sie schadet diesen Menschen -
Sie ärgern sich und beginnen
zu streiten -
und kämpfen -
und es beginnt ein richtiger
Krieg -
ein Krieg der eine Welt
zerstören kann -
und diese beiden Menschen -
riesengroßen Menschen -
spielen noch immer Krieg -
VERNUNFT - DER ANDERE:
Das Wort ist das Höchste, weil es „Alles“ zeigen -
beschreiben kann, und zwar so, daß man durch Worte Bilder zu sehen und Musik zu hören im Stande
ist; -
VERNUNFT - DER FREUND:
Nun ja, das ist möglich, aber ohne jemals ein Bild
gesehen zu haben oder Musik gehört zu haben könnte das Wort uns nichts
beschreiben. -
Und wenn du sagst, das Höchste, was meinst du damit?
-
Und du wirst nun versuchen mit weiteren Worten das
eine Wort zu beschreiben - und ich werde weitere Worte hören, Gedanken denken,
Bilder sehen, ...
Mittels Sprache zu zeigen, was Sprache ist -
in der Zeit zu zeigen, was Zeit ist, -
im Leben zeigen, was Leben ist -
Alles fließt -
keine Conklusion -
keine Feststellung ohne Grenze -
Lebensgrenzen? -
Zeitgrenzen -
Sprachgrenzen -
VERNUNFT - DER DICHTER:
Der Grenzgänger der Sprache
Plötzlich merkte Frau A, daß sie sich auf der Grenze
der Sprache bewegte, -
und dieses Wissen schöpfte Frau A nicht aus der
Erfahrung, die ihr zeigen wollte, daß Sprache und Nicht-Sprache existierte, -
daß Leben ein Wort darstellt, welches ein noch nicht gesprochenes Leben ihm
vorgibt, -
Nein, sie schöpfte dieses Wissen aus einer
Erkenntnis, die ihr zeigte, daß sie nicht die Grenze zwischen dem Sprechbaren
und dem Nicht-Sprechbaren suchte, sondern im Leben suchte, was Sprache ist,
ohne die Annahme, daß eine Grenze da ist.
- Und, sie schöpfte dieses Wissen aus einer
Erkenntnis, die ihr zeigte, daß sie nicht die Grenze zwischen dem Sprechbaren
und dem Nicht-Sprechbaren suchte, sondern im Leben suchte, was Leben ist, ohne
die Annahme, daß eine Grenze da ist.
Die Sprache:
beschreiben, erklären, ordnen und regeln
Das Leben:
Mein Leben ist nicht geordnet, dachte Frau A, - nur
meine Sprache macht es dazu -
Ich gebe meinem Leben diese Ordnung, Beschreibung,
Erklärung, Regelung, Grenze -
Sprachgrenze -
-wozu? -
wofür steht die Sprache -
das Wort Haus steht für ein sichtbares bewohnbares
Etwas, -
das Wort Sprache steht für die geregelten Bewegungen
von Zunge, Lippen und Stimmbändern, durch die Etwas Hörbares entsteht - Töne,
vermischt mit Konsonanten zu vernehmbaren rhythmischen Abfolgen, in
verschiedener Lautstärke und Tonhöhe, unterbrochen von kurzen und langen
Pausen.
Jedes Wort wird zuerst vorgestellt - den Sinnen
vorgestellt -
Und die Sinne stellen sich den Sinnen vor -
Und die Zeit stellt sich den Sinnen vor
und die Bewegung stellt sich den Sinnen vor
und das Leben stellt sich den Sinnen vor
und der Tod stellt sich den Sinnen vor
VERNUNFT - DER FREUND:
Das Glückliche glücklicht
Das Weise weist
Das Gute gutet
Das Schöne schönt
Das Wahre wahrheitet
VERNUNFT - DER ANDERE:
- Dies ist alles in der Bewegung nicht möglich, -
nur „im Sein“ - sagen die Worte , die die Sinne den Sinnen vorgestellt haben
Das Glückliche ist glücklich
Das Weise ist weise
Das Gute ist gut
Das Schöne ist schön
Das Wahre ist wahr
VERNUNFT - DER FREUND:
- dies alles ist aber in der Bewegung, „im Sein“
bewegt, und tut somit etwas, das es nicht ist -
Das Glückliche lacht, wenn es glücklich ist
und wenn es traurig ist, weint das Glückliche -
oder das Traurige -
oder was ist das Glückliche? -
Das Glückliche tut etwas, -
Aber was?
Es sucht das Glück -
Was ist das Glück?
Das Weise tut etwas, -
Aber was?
Es sucht die Weisheit -
Was ist die Weisheit?
Das Gute tut Etwas, -
Aber was?
Es sucht das Gute -
Was ist das Gute?
Das Schöne tut etwas, -
Aber was?
Es sucht das Schöne
Was ist das Schöne?
VERNUNFT - DER ANDERE:
Worte Sätze Fragen Worte
Ich werde etwas tun, das ich nicht tun werde
Ich werde etwas nicht tun, das ich tun werde
Ich werde die Zukunft nicht wissen werden
Ich werde die Zukunft sein
Ich will nichts tun, das ich nicht wissen werde
Ich will nichts nicht tun, das ich wissen werde
Ich will die Zukunft nicht wissen werden
Ich will die Zukunft sein
VERNUNFT - DER FREUND:
Jeder Begriff hat seinen Inhalt, sagt die Idee -
Das Sein seint
Der Gedanke gedankt
Der Sinn sinnt
- und der
Inhalt ist ident mit dem Begriff, sagt die Idee -
und die Verkörperung des Begriffes? –
VERNUNFT - DER ANDERE:
der, die, das Seiende seint
der, die, das Denkende denkt
der, die, das Gute gutet
der, die, das Schöne schönt
der, die, das Idee ideet?
die Idee ideet in der Idee -
der Idee ist das Ideete die Idee
VERNUNFT - DER DICHTER:
Der Stärkere lehrt den Schwächeren? -
oder wer sagt wie es ist? -
Es ist! - sagt Einer
und ein Anderer sagt: Es ist nicht!
Und beide wissen was es ist -
„Es ist schön heute“, sagt der Eine
und ein Anderer sagt: Heute ist es nicht schön -
Und beide wissen, was Heute, es und schön ist,
„Sei“, sagt der Eine -
„Sei nicht“, sagt der Andere -
Und keiner weiß, was er sagt
VERNUNFT - DER FREUND:
Gefangen in lauernder Sprache
Ich suche einen Ausweg und setze Sprachregeln vor
mein Gedachtes
Geregeltes Sprechen
geregeltes Schreiben
Buchstabenaneinanderheften
Vokalkonsonanten - Wortlaute
Mundworte -
Mundgerechte Worte
Mundgeregelte Worte -
Wortgeregelte Münder -
Wortgeregelte Gedanken -
Denk -Mäler von Menschen
VERNUNFT - DER ANDERE:
Eines Tages stand ich auf, und war da - und dies
passierte mir immer öfter -
und so nahm ich an, daß es auch immer öfter wieder
passieren würde -
- Ausbrechend: - was tue ich - was denke ich - wer
bin ich -
Wort? Schreiben? Sprechen? Sprache?
Fliehend vor der Sprache -
Alles benannt, - alles Sichtbare benannt -
fliehend vor dem Sichtbaren
Alles benannt, - alles Hörbare benannt -
fliehend vor dem Hörbaren
Alles benannt, - alles Riechbare benannt -
fliehend vor dem Riechbaren
Alles benannt, - alles Schmeckbare benannt -
fliehend vor dem Schmeckbaren
Alles benannt, - alles Fühlbare benannt -
fliehend vor dem Fühlbaren
Alles benannt, - alles Spürbare benannt -
fliehend vor dem Spürbaren -
Flucht - Flucht -
- benannt, Alles benannt - fliehen vor dem
Benennbaren -
fliehen zu dem Unsichtbaren
Unhörbaren
Nicht
Spürbaren
nicht
Schmeckbaren
nicht
Riechbaren
nicht
Fühlbaren
- und bemerken, daß auch dieses bereits benannt ist
- es ist zwar Unsichtbar, aber nicht, nicht
benennbar ...
Denken ist Sprache, Sprache sind Worte, Worte sind
Gedanken, Gedanken sind Sätze -
Sprachregeln vor meinem Denken, Sprachgrenzen vor
mein Gedachtes? -
Lebensgrenzen vor meiner Sprache
Wir erlernen geregeltes Sprechen im geregelten Leben
-
Sprachregeln vor mir -
Sprachregeln vor dem nicht Sprechbaren -
Das Leben beginnt vor der Sprache -
Die Sprache gab es schon lange vor mir -
VERNUNFT - DER DICHTER:
Ich sterbe stellte Frau fest -
und dann stellte sie fest: Ich lebe - und dann: -
ich denke - und danach, daß sie nichts feststellen kann ---
daß sie nicht denken kann und nicht nicht denken
kann und nicht über das denken oder über das nicht denken ohne das denken und
nicht denken denken und nicht denken kann will muß soll daß Freiheit nur ein
Begriff ist und daß Sprache nur ein Wiederholen ist daß denken nur ein Wort ist
und daß Sprache nur die Seele ist und daß die Seele nicht Sprache ist und daß
sie ...
wir sollten nur noch Gedichte lesen - aber wo sind
sie - ich sollte
wir wollen nur noch Gedichte lesen, aber sie sind
nicht - ich will
Anfang
Broterwerb und Zeitgedanken
Freiheitsliebe und Liebesleben
Wortglaubereien und glauben an Worte
Der Weg des dichtens oder der Weg des denkens
VERNUNFT - DER FREUND:
Gibt es ein Gewissen in jeder Handlung?
Wenn es ein Wissen um die Idee des Guten und die
Idee des Schlechten gibt, die unverändert in uns ruht, dann könnte man dieses
Wissen um diese Ideen, das Gewissen nennen, das Etwas weiß, wußte und wissen
wird, das in allen Handlungen unverändert bleibt, - und nur wenn die Handlung
versucht dieses Wissen aus der Ruhe zu bringen, wird es unruhig und sucht
wieder zur Ruhe zu kommen.
Die Gewißheit ist das Verhältnis von Denken und sein
in der Wahrheit, und die Wahrheit ist wahr, ruhig und unbewegt als Gewißheit im
Gewissen.
VERNUNFT - DER ANDERE:
Die Malerei ist eine schweigsame Poesie, und die
Poesie eine beredte Malerei.
und: Jeder Maler malt sich selbst.
VERNUNFT - DER FREUND:
Darum denke ich, daß es in einem Kunstwerk kein
„zuviel oder zuwenig“, - wie bei der sittlichen Handlung, geben kann.
Und es ist auch nicht möglich, daß erst im
Greisenalter, wenn der Künstler bereits viel durchgemacht hat, der Künstler die
echte Reife des Kunstwerks zur Vollendung bringt.
Denn wenn älter werden, „erleben“ - in Bewegung sein
- sich ständig verändern, bedeutet, dann ist das Wissen, die
Selbsterkenntnis stets eine andere und
eine Betonung auf die Reife des Alters läßt nur darauf schließen, daß der
Mensch mit jeglichem vergangenen Dasein nicht „zufrieden“ war und stets eine
Veränderung zum Besseren durchwanderte - eine Annahme, die ein sehr trauriges
Bild auf die Menschheit wirft.
Es würde bedeuten: nur aus Schaden wird man
klug - und so etwas wie den
Kategorischen Imperativ würde es nicht geben.
Natürlich, wenn es eine Selbsterkenntnis gibt, die
alle vorhergehenden Selbsterkenntnisse in ihrem vollen Umfange einschließt,
kann man an einen Fortschritt in der Selbsterkenntnis, im Wissen denken - doch
ich glaube es ist uns nicht möglich ein vergangenes Bewußtsein seiner Selbst,
außer vielleicht in seinen Kunstwerken wiederzuerkennen - doch nicht
wiederzuerlangen, weshalb ein einmal geschaffenes Kunstwerk auch nicht
„einzuholen“ bzw ein zweites Mal erschaffbar ist.
VERNUNFT - DER DICHTER:
Es war einmal Zeit. Sie lebte damals in der
Dunkelheit und wuchs und wuchs an ihr bis diese ganz verschwunden war. - Und so wurde es hell.
Die Zeit wunderte sich darüber sehr und auch über
ihr Wachstum, - und sie versuchte eine Erklärung für das Verschwinden der
Dunkelheit und für ihr stetes Wachsen zu finden.
Sie wunderte sich auch über die Helle und lernte
sich selbst von der Dunkelheit und der Helle zu unterscheiden, das heißt, sie
erkannte, daß sie nicht Dunkelheit oder Helle war.
Sie lernte sich auch zu erinnern und erkannte, daß
die Helle zuerst Dunkelheit war, die sie selbst „aufgegessen“ haben mußte, da
diese ja nun verschwunden war und sie selbst ständig größer geworden war.
Aber wenn sie nicht selbst Dunkelheit war - wo war
diese hergekommen? - und wenn sie nicht selbst Helle war, wo war diese
hergekommen? -
Die Zeit wurde immer ratloser und überlegte und
überlegte und wurde dabei so müde, daß sie gar nicht bemerkte, daß die Helle in
Dunkelheit übergegangen war; doch als sie gerade zu denken aufhören wollte,
bemerkte sie, daß sie abermals gewachsen war und erkannte wiederum die Dunkelheit
und wußte mit einem Male, daß sie auch die Helle gegessen haben mußte, da sie
ja wiederum gewachsen war.
Sie erschrak sehr und wurde traurig, denn die Helle
hatte sie gelehrt zu denken und zu erkennen und sie hatte Angst in der
Dunkelheit bleiben zu müssen und so aß sie diese auf so schnell sie konnte,
doch da sie doch noch sehr klein war (des bewußten Essens noch ungeübt war), aß
sie lange an ihr - aber sie hörte nicht auf zu essen, bis sie wirklich
bemerkte, daß die Helle langsam wiederkam - schnell aß sie die letzten Reste
der Dunkelheit auf und freute sich an der wiedergekehrten Helle.
Nun war sie auch wieder etwas gewachsen und bekam
Angst, die Helle könnte nun schneller wieder verschwinden als das erste Mal und
so versuchte sie einen Namen für die Helle zu finden, damit sie sie rufen
könnte, vielleicht würde sie dann ja ganz schnell zurückkommen. - und sie
nannte die Helle „Tag“.
Der Tag dauerte sehr lange und sie dachte schon
nicht mehr an die Dunkelheit, sondern versuchte im Tag etwas zu finden, - sie
wußte nicht genau, was sie suchte, aber da der Tag so hell war und ihre Augen
so gut sehen konnten, entdeckte sie wirklich Etwas. Es war ganz klein und sie
versuchte es zu nähren und wirklich konnte sie sehen, daß es wuchs. Aber da kam
wiederum die Dunkelheit, die sie aber diesmal nicht so erschreckte, denn sie
wußte ja, daß sie sie nur aufzuessen brauchte, damit der Tag wieder zum
Vorschein kam. Auch war sie schon müde und hungrig und so aß sie in aller Ruhe
an der Dunkelheit, wurde wieder größer und freute sich schon auf das Etwas, das
der Tag mit sich bringen würde.
Der Tag begann sehr langsam, da die Zeit schon so
satt war, daß sie die letzten Reste der Dunkelheit nur mit Mühe sich
einverleiben konnte - doch sie freute sich auch so sehr am langsamen Erwachen
des Tages, daß sie ihm einen eigenen Namen gab. Sie nannte ihn Morgendämmerung
und Nachttod und wußte zunächst nicht, wie sie auf diese beiden Namen gekommen
war, fand aber so große Freude am Namenverteilen, daß sie den Übergang des
Tages in die Dunkelheit ebenfalls benennen wollte und gab ihm den Namen
Abenddämmerung und Tagsterben. Als sie die letzten Bissen der Dunkelheit
gegessen hatte, nannte sie die Dunkelheit Nacht, und war sehr froh, daß nun
wieder Tag war.
Sie suchte nun sofort nach dem Etwas und erschrak
sehr als sie es sah, denn es war bereits sehr groß geworden und hatte sich auch
in seinem Aussehen verändert. Sie bemerkte auch, daß es sich bewegte. Sie
versuchte ganz still zu sein, aber es bewegte sich trotzdem. Aus irgendeinem
Grund scheinte sie zu wissen, daß, wenn sie ganz still wäre, Etwas auch ganz
still wäre, doch ganz still zu sein wollte ihr einfach nicht gelingen. Sie
merkte, daß sie unaufhörlich größer wurde, wußte aber auch bei sich, daß sie,
wenn sie ganz still wäre, auch nicht wachsen würde. Sie nannte das ganz still
sein „Ruhe“ und das Wachsen „Bewegung“.
Sie zermarterte sich nun den Kopf wie sie den
Zustand der Ruhe erreichen könnte, denn sie wollte das Etwas ganz in Ruhe - bei
sich - betrachten. - Da kam ihr plötzlich die Idee in den Sinn, daß, wenn das
Etwas ganz in Ruhe sein würde, auch sie ganz in Ruhe sein würde, nicht wachsen
würde und sich nicht bewegen würde. Aber über diese Überlegungen brach die
Abenddämmerung herein und das Tagsterben begann. Als die Nacht danach erschien,
wurde die Zeit wieder ganz traurig und kauerte nur widerwillig an der Nacht,
als sie plötzlich die Idee hatte, daß das Etwas auch in der Nacht sein würde
und begann es zu suchen. - und da bemerkte sie wirklich Etwas. -Ein kleines
Licht drang aus der Dunkelheit und sie sah ganz deutlich Etwas unbeweglich in
der Dunkelheit ruhen. Und sie wußte nun auch einen Namen für Etwas und sie
nannte das Etwas „Mensch“.
Sie freute sich, daß der Mensch sich nicht bewegte
und hoffte, daß sie nun auch ganz in Ruhe sein würde, doch sie merkte wie sie
weiterwuchs und erkannte, daß dies nicht die Ruhe war, die sie ersehnte. Sie
hatte den Menschen nun schon lange betrachtet und die Morgendämmerung war
gerade angebrochen, als der Mensch begann sich zu bewegen.
Der Mensch redete mit der Zeit und lehrte sie alles,
was er wußte und die Zeit hörte zu und der Mensch redete mit der Zeit immer
mehr - es wurde wieder Nacht und es wurde wieder Tag - doch die Zeit wurde
immer trauriger, denn sie wollte Ruhe haben und erklärte dem Menschen, daß er
sich ganz zur Ruhe begeben sollte, damit sie auch Ruhe erleben könnte. Der
Mensch wußte zuerst nicht, wie er das anstellen sollte und so suchte er, ob er
nicht einen anderen Menschen finden könnte, der dies wirklich wüßte. -
Und er fand einen anderen Menschen, der zwar genau
so aussah wie er selbst, doch auch gänzlich von ihm verschieden war, - und er
nannte den anderen Menschen „Eva“. Die Zeit beobachtete die beiden Menschen und
sie nannte den ersten Menschen „Mann“ und den zweiten Menschen „Frau“.
Diese beiden rätselten nun über den Wunsch der Zeit,
in Ruhe zu sein nach und überlegten, wie sie dies anstellen sollten - und die
Frau, erkannte, daß es nur im wachenden Nichttun sein könnte und so legte sie
sich zu Adam - so hatte ihn die Frau genannt -, um mit ihm in Ruhe zu sein. Die
Zeit beobachtete diese beiden Menschen, doch plötzlich mußte sie die Augen
schließen, und war so gewesen, und war doch nicht gewesen - nur die
Möglichkeit, daß sie sein könnte, war - und durch sie wußte sie Alles und
erkannte Alles im Nichts und nannte sie - die Möglichkeit , Gott.
Und das Sein von Menschen in dem sie war und doch
nicht war, nannte sie Liebe wie auch die beiden Menschen Liebende. Sie wußte,
daß sie selbst war auch wenn sie nicht war, daß Alles und Nichts Eines war und
daß Gott ihr dieses Wissen gegeben hatte, - und das Wissen um sie selbst
erkannte dies.
VERNUNFT - DER ANDERE:
Ich bin gezwungen zu finden, was mir schmeckt, um
glücklich zu sein.
frei?
Was schmeckt mir? was gefällt mir?
Was höre ich - was sehe ich - worin wähle ich aus -
Womit wähle ich aus?
frei gejagt zu werden - selber jagen - Beute sein
--> unfrei - Zwang - Pflicht - Täter Opfer -
frei - Austausch - freier Austausch - bezahlter
Austausch - unfrei
frei - fühlen - spüren - riechen - schmecken -
Geschmack - denken -
freier Geschmack? -
Auswahl: ich bin frei - ich stehe zur Auswahl - frei
zur Auswahl -
wer wählt?
Ich wähle, was ich sehen kann
Ich sehe, was mir gefällt -
ich sehe auch, was mir nicht gefällt - ich sehe weg
- Auswahl
- nach Geschmack - Geruch - Gehör - Gefühl - Gespür
- Gesicht?
Gesichter treten in meinen Blick - wandern - reden
sich - Gesichter schleichen in mein Gesicht
Ich bin allein - frei - unfrei - ausgewählt immer
wieder - Auswahl immer wieder -
ausgetauscht immer wieder -
Austausch -
Wer ist frei? wer fühlt sich frei? -
Austausch in Freiheit - Unfreiheit -
Freiheit - Isolation - Eremitentum - Absonderung -
Kasteiung - frei?
VERNUNFT - DER DICHTER:
Die Kritik der reinen Liebe:
Gibt es ein a priori - Verständnis außer der Liebe?
Die unbefleckte Empfängnis als Mythos, dafür, daß
Gott keinen Anfang hat - alles wächst - ohne Anfang - ohne Ende -
Die Biologie setzt dem Menschen einen Anfang - ? -
Gott hat keine Zeit -
Liebe lehrt uns wie Gott in der Ewigkeit zu sein -
Sinnvolle Sätze?
Die Möglichkeit an ein Ende zu kommen -
Alles zu sagen, was zu sagen ist -
- ist es sagen? -
Am Ende des Wortes „Ende“
Alpha und Omega
am Ende A - wie am Anfang -
Ausgewachsen sein - ist das möglich?
Gott - am Ende des Anfangs -
ein Wort schon zuviel gesprochen?
Ein Kind ohne Anfang wächst in die Welt - in den
Raum - ohne Zeit - es ist da und erfüllt den Raum mit seinem Raum - und der
Raum macht ihm Platz und wird trotzdem nicht größer und nicht kleiner -
Er umhüllt das Kind mit all seinem Sein und läßt
keinen Zwischenraum frei - und das Kind bewegt sich im Raum und bewegt den Raum
und es entsteht Zeit - in dem Raum und im Kind - dieses weiß um seine Bewegung
- und freut sich mit dem Raum
Der Raum - ruhig starr - grenzenlos -
Was ist der Mensch
VERNUNFT - DER FREUND:
a: Ich möchte mit Dir über die Rose in dieser Vase -
reden
b: Ich sehe keine
a: Ich sehe sie
er reibt sich die Augen
b: Wie meinst Du das?
a. Ich will über das Sein reden -
über alles
was es sein kann, sein soll. -
über alles,
was möglich ist
b: - und über die Rose
a: Ich wußte ja, du siehst sie
- sie lachen
a: ich sehe auch einen Schmetterling - er klettert
gerade meinen Daumen entlang -
er ist da
und auch nicht - siehst du das?
b: Daß er da ist, oder daß er weg ist?
a: Siehst du ihn?
b: ja - er bewegt sich
a: bewegst du dich mit ihm mit, wenn du ihn sich
bewegen siehst? - jetzt ist er weggeflogen
- ich wußte, daß er fliegen kann -
b: ich sehe ihn nicht mehr
a: - aber er ist da, - das wissen wir beide
VERNUNFT - DER ANDERE:
Unbeirrt - und in Metaphern schreiben - der Freiheit
freien Lauf lassen
VERNUNFT - DER FREUND:
Ist der Anfang einmal gemacht, geht die Arbeit wie
von selbst von der Hand -
dh wenn die Idee - das Grundkonzept einmal fertig
ist, ist alles ganz einfach -
aber was passiert, wenn ein neuer Anfang im Konzept
vorkommt - ein neuer Anfang, der das alte Konzept ins Wanken bringt - der neu
beginnt und den vergangenen Anfang nicht mehr benötigt -
gibt es das eine - so gibt es auch das Andere - die
Dialektik des Daseins spiegelt sich in jeglicher Art und Weise wider - gibt es
einen Anfang, gibt es ein Ende - gibt es einen neuen Anfang, gibt es ein neues
Ende.
Der Anfang hat das Ende bereits in sich.